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Siegwardt Puerrhus (* 1956)
Katastrophenmaler, Installationen
Bildergalerie *
Photographien *
Links
Siegwardt Puerrhus wurde am 29. Februar 1956, einem Schaltjahr, in Hohwacht an der Ostsee (Schleswig-Holstein) geboren.
Nach dem Schulbesuch beginnt er 1968 in Eutin eine Ausbildung
zum Installateur, seinem Traumberuf. Er muss die Lehrstelle jedoch bald wieder aufgeben, da er nach Meinung seines
Chefs für die Klempnerei zu ungeschickt ist, zwei linke Hände hat. Von seinem damaligen Meister ist der Satz überliefert:
"Und ich sach noch: Sigi nimm 'n Lappen!" (Dieser Satz ist bei Installateuren anscheinend sehr verbreitet. So soll ihn u.a. auch
Deutschlands berühmtester Klempner
Julius Röhrich oft und gerne benutzt haben.)
Erst viele Jahre später wird Puerrhus sich wieder Installationen zuwenden (siehe Bildergalerie unten).
Bereits in jungen Jahren erwacht in Siegwart Puerrhus das Kunstinteresse. So stößt er in einem Antiquariat auf ein Buch
des Malers und Grafikers Robert Budzinski,
dessen Leben und Werk ihn derart faszinieren, dass er ihn zum Vorbild wählt. Bei seiner Beschäftigung mit Dadaismus
und Neodadaismus entdeckt er den Objekt- und Konzeptkünstler
Edward Kienholz, der ihn tief beeindruckt. Dass Kienholz
Autodidakt war, wird ihn später zu eigenen Werken ermutigen. In den späten 1960er Jahren fällt ihm in den
rororo-Textbüchern von Franz Josef Degenhardt dessen damaliger Illustrator auf:
Horst Janssen. Hinfort lässt er keine Ausstellung des
experimentierfreudigen Hamburger Zeichners und Grafikers aus, oft genug unternimmt er die Fahrten zu Vernissagen mit dem Fahrrad.
1970 lernt Puerrhus den Meßkircher Nebenerwerbsdichter
Friedbert Kowalsky kennen, mit dem ihn bis heute eine
intensive Freundschaft verbindet. Er beschließt ihm nach Süddeutschland zu folgen und lässt sich im
oberschwäbischen Saulgau (heute Bad Saulgau) nieder, wo er lange Jahre als Aushilfsbestatter und Leichenwagenfahrer arbeitet.
Gedrängt durch Kowalsky, der bereits früh sein künstlerisches Talent erkannt hatte, beginnt Puerrhus 1971 zu malen und zu
zeichnen. Charakteristisch für ihn ist die reichliche Verwendung von Deckweiß bei Aquarellen und Gouachen - im Gegensatz zum
damals (und teilweise bis heute) herrschenden Kunsttrend (hier eine Ausschnittsvergrößerung).
Bald kommen Collagen, Materialbilder und Installationen hinzu. Wie sein Vorbild Robert Budzinski veröffentlicht er zusammen mit
Friedbert Kowalsky Texte, Typoskripte und Bilder mit Hilfe von Wachsmatritzen.
1989 hängt Puerrhus seinen Bestattungsjob an den Nagel und macht sich als Künstler selbstständig. Von Kindheit auf und
später im Berufsleben nicht von Reichtum gesegnet, setzt er sowohl Farbe und Papier als auch künstlerische Mittel
sparsam ein. Seine Installationen können geradezu als minimalistisch gelten. Aufgewachsen mit Katastrophennachrichten
über Atombomben, Kriege in Vietnam und anderen Ländern, Hunger in der Dritten Welt, Folter, Elend, Bildzeitung, Ausbeutung, dem Supergau von
Tschernobyl, CDU-und FDP-Regierungen, Vogel- und Waldsterben, Menschenrechtsverletzungen, Ausrottung von Walen und anderen
Tieren etc., kristallierte sich die Katastrophe als das Hauptmotiv seines künstlerischen Schaffens heraus.
Neben der Kunst ist der Vegetarier und Tierfreund Siegwardt Puerrhus vornehmlich als Tierschützer und Photograf aktiv.
2004 lernt er über die Frenkenbacher
LyrikerIn Elvira von Seydlitz den Maler und Fotografen
Richard Molke kennen.
2010 wird ihm der Caspar-Voght-Preis der Hammer Installateursvereinigung für Frieden und Abrüstung verliehen.
Anlässlich seiner Fahrt nach Hamm-Nord zur Preisverleihung
bereist er auch seine alte Heimat an der Ostsee und den Landkreis Lüchow-Dannenberg.
Puerrhus - immer noch der introvertierte Außenseiter, der er immer war - lebt heute als freischaffender Künstler,
Fotograf und Salzhändler zurückgezogen in einem Teilort von Bad Saulgau.
Quellen: eigene Recherchen
Bildergalerie
[ Vergrößerung der Bilder durch Anklicken ]
Saulgau Regenstimmung
Gouache 4,5 x 3
1989
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Die Saulgauer Kirche Nachtstück
Gouache 4,5 x 3
1989
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Der Saulgauer Marktplatz Winterbild
Gouache 4,5 x 3
1989
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Saulgau Gesamtansicht im Nebel
Gouache 4,5 x 3
1989
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Robert Budzinski gewidmet, nach dessen Vorbild diese Serie entstand
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Deutscher Herbst 1
Collage 29,5 x 42
1970
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Deutscher Herbst 2
Aquarell 29,5 x 42
1972
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Deutscher Herbst 3
Collage 29,5 x 42
1972
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Deutscher Herbst 4
Collage 29,5 x 42
1972
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Puerrhus gab dieser Serie den Untertitel "Sieg der Marktwirtschaft über die Demokratie"
Rudi Dutschke gewidmet
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Ich bin ein Deutscher
Typoskript/Collage 21 x 29,5
1972
Die Welt ist kalt geworden
Tusche 29,5 x 21
1972
All along the watchtower
Aquarell 29,5 x 37
1971
(für Jimi Hendrix)
Hiroshima
Photomontage 29 x 23
1975
Schweigen 91
Installation
1991
Die zweite Flasche und der Säufermond
Aquarell 10,4 x 14,7
2008
Mutter mit weinendem Kind
Granit ca. 10 x 8 x 9
2009
Der Kunsthistoriker Rudi Ruettgers schrieb viele Jahre später über dieses Werk:
"Mutter mit weinendem Kind" führt uns vier zentrale Anliegen der modernen, postmodernen, avantgardistischen
und postavantgardistischen Kunst eindrücklich vor Augen: Abstraktion, Provokation, Emotion, vor allem aber
- und dies hat sich seit Michelangelo nicht geändert - Licht!"
Die traurigen Nägel
Installation
2009
Das Werk wurde im Winter 2009/2010 aus Versehen bei Renovierungsarbeiten zerstört.
Photographien
[ Vergrößerung der Bilder durch Anklicken ]
Das Kloster Sießen im Sturmtief Xaver am 5. Dezember 2013
Photographien: Siegwardt Puerrhus, 05.12.2013
Man schreibt den 5. Dezember 2013. Am Nachmittag dieses Tages befand sich der Saulgauer Katastrophenmaler, Tierschützer und
Salzhändler Siegwardt Puerrhus auf einer Fahrt in südwestlicher Richtung, nach
Ostrach. Im Autoradio wurde allenthalben bereits vor dem nahenden Orkan Xaver gewarnt, in Norddeutschland wurden
Vorbereitungen für eine Sturmflut getroffen. Originalton eines Küstenbewohners: "Büschen mehr Wind als sonst".
Nach Passieren der Saulgauer Stadtgrenze, auf der Sießener Straße etwa auf Höhe von Bogenweiler, erwartete
Puerrhus ein atemberaubender Sonnenuntergang, der das nahe gelegene Kloster in ein wahrhaft apokalyptisches Licht tauchte.
Im Süden kamen dann aber nur sehr schwache Sturmausläufer an, die jedoch wunderbar milde und warme Meeresluft brachten,
während einem in Norddeutschland fast der Hut weggeflogen wäre. Auf den Halligen und in Hamburg hieß es sogar:
Land unter.
Nur einen Tag später photographierte seine Künstlerkollegin
Cornelia von Grauhaar die Sturmflut Xaver
am Fischmarkt in Hamburg.
Links
Kunst und Literatur (Mitwirkung)
Illustrierte Ausgabe der großen deutschen Klassiker
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